Es ist häufig von Vorteil, wenn man Aussagen formalisieren kann. Es ist beispielsweise gar nicht so leicht das exakte Gegenteil einer Aussage zu finden.
Allgemeines zur Prädikatenlogik
x sei im folgenden eine Aussage \(\neg x\): Die Negation der Aussage x
\(\exists x\): Es existiert mindestens ein x (Quantor) \(\forall x\): Alle x (Quantor)
\(\land\): und (eine Verknüfung zweier Aussagen) \(\lor\): oder (eine Verknüfung zweier Aussagen). Im Deutschen wird oder meistens exklusiv, also im Sinne "entweder ... oder ..." verwendet. Dieses oder ist inklusiv, also "entweder ... oder ... oder beides".
Ich habe die Symbole bewusst in diesen Paragraphen angeordnet. Wird die Negation eines Ausdrucks gebildet, werden alle Symbole im Inneren durch das jeweils andere Symbol ersetzt. Beispielsweise wird das logische "und" zu einem "oder".
Ein kleiner Nachtrag: Was macht man, wenn man sagen will, dass eine Aussage A für genau ein Element x einer Menge M gilt? \(\exists x \in M: A(x) \land \forall (y \in M, y \neq x): \neg A(y)\)
Karlsruher und die Verkehrsmittel
Folgendes Beispiel hatte ich in einem Tutorium am KIT:
(i) Alle Karlsruher fahren mit dem Rad oder der Straßenbahn.
Was ist das Gegenteil dieser Aussage? Folgendes wäre denkbar:
- Kein Karlsruher fährt mit dem Rad oder der Straßenbahn.
- Kein Karlsruher fährt mit dem Rad und der Straßenbahn.
- Alle Karlsruher fahren mit dem Rad und der Straßenbahn.
- Alle Karlsruher fahren nicht mit dem Rad und der Straßenbahn.
- Es fahren nicht alle Karlsruher mit dem Rad oder der Straßenbahn.
- Es fahren nicht alle Karlsruher mit dem Rad und der Straßenbahn.
- ...
Nun wurde mir beigebracht, dass folgendes eine "saubere" Formalisierung der ersten Aussage ist:
Sei K die Menge aller Karlsruher. Sei F Aussageform auf K und definiert durch \(F(k) := \text{"k fährt mit dem Fahrrad"} (k \in K)\) Sei analog S Aussageform auf K mit \(S(k) := \text{"k fährt mit der Straßenbahn"}\)
Dann lautet (i) formalisiert: \(\forall k \in K: F(k) \lor S(k)\) (sprich: "Für alle k in K gilt: F von k oder S von k")
Negiert: \(\exists k \in K: \neg F(k) \land \neg S(k)\) (sprich: "Es existiert mindestens ein k in K für das gilt: Es ist F von k nicht wahr und zugleich S von k nicht wahr.")
Übersetzt man das in einen schöneren deutschen Satz kann man sagen: Mindestens ein Karlsruher fährt weder mit dem Rad noch mit der Bahn.
Wenn man das nun auf die oben angegebenen Lösungen bezieht, könnte es Aussage 5 oder 6 sein. Der Sinngemäß muss es heißen: Es fahren nicht alle Karlsruher entweder mit dem Rad, der Straßenbahn oder beidem. Ich tendiere stark dazu, Satz 5 zu nehmen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob mein Sprachgefühl mich täuscht.
Wöchentliches Fernsehprogramm
Noch ein Beispiel aus meinem Tutorium:
(ii) Im Fernsehen läuft jede Woche "Die Simpsons", "Die Ludolfs" und "Telekolleg".
Sei W die Menge aller Wochen. Sei A Aussageform auf W.
A(w) := In der Woche w läuft "Die Simpsons". \(w \in W\) B(w) := In der Woche w läuft "Die Ludolfs". \(w \in W\) C(w) := In der Woche w läuft "Telekolleg". \(w \in W\)
Dann lautet (ii) formalisiert: \(\forall w \in W: A(w) \land B(w) \land C(w)\)
Negiert: \(\exists w \in W: \neg A(w) \lor \neg B(w) \lor \neg C(w)\)
Teilbarkeit
Nun mal etwas eigenes:
(iii) Jede gerade Zahl ist durch zwei teilbar.
Sei M die Menge der geraden Zahlen. Dann lautet (iii) formalisiert: \(\forall m \in M: x = \frac{m}{2} \implies x \in \mathbb{N}\)
Weitere Materialien
- Uni Dortmund: 15 Seiten zum Formalisieren vom Aussagen
- TU-Berlin (Aufgabe 4 - " Jeder, der ein gutes Gehor hat, kann richtig singen[...]")