Ich werde immer wieder gefragt, wie Informatik am KIT ist. Was kann ich über Karlsruhe erzählen? Wieviel Praxis bekommt man in einem Informatik-Studium am KIT?
Leider denke ich nicht, das ich wirklich gut darüber schreiben dann, da ich nur „Informatik I“ an der Uni Augsburg gehört habe. Sonst war ich nur am KIT. Auch über Karlsruhe kann ich nicht so viel erzählen, wie man sich vielleicht denkt. Ich bin meistens am studieren. Daher habe ich von Karlsruhe außerhalb der Innenstadt bisher wenig gesehen.
Ein paar Anhaltspunkte könnte die Wikipediaseite des KIT sowie die einstieg-informatik.de-Seite geben.
Genug allgemeines bla-bla. Nun lasse ich die Disclaimer-Sätze (meinem Eindruck nach, ich kenne eigentlich nur das KIT und habe keine aussagekräftigen Vergleiche, ...) weg und erzähle etwas über Karlsruhe und das KIT.
Das Studium
Allgemeines
Die Regelstudienzeit des Bachelor-Informatik-Studium beträgt 6 Semester und 180 ECTS. Davon sind 15 ECTS für die Bachelor-Arbeit, 6 ECTS für Softskills (z.B. Sprachkurse und verpflichtent 2 ECTS für Teamarbeit in der Softwareentwicklung) und folgende Plicht-Kurse vorgesehen:
Lehrveranstaltung | ECTS | Weitere Links |
---|---|---|
1. Semester | ||
Grundbegriffe der Informatik | 4 | |
Programmieren | 5 | Mein Tutorium |
Höhere Mathematik I | 9 | |
Lineare Algebra I | 9 | |
2. Semester | ||
Algorithmen I | 6 | |
Softwaretechnik I | 6 | |
Rechnerorganisation | 6 | |
Höhere Mathematik II | 6 | |
Lineare Algebra II | 5 | |
3. Semester | ||
Theoretische Grundlagen der Informatik | 6 | |
Praxis der Software-Entwicklung (PSE) | 6 | |
Betriebssysteme | 6 | |
Digitaltechnik und Entwurfsverfahren | 6 | |
Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik | 4.5 | |
4. Semester | ||
Datenbanksysteme | 4 | |
Rechnernetze | 4 | |
Numerik | 4.5 | |
5. Semester | ||
Algorithmen II | 6 | |
Programmierparadigmen | 6 | |
6. Semester | ||
Bachelorarbeit | 15 | |
$\sum$ | 124 |
Ich habe „Analysis I+II“ anstelle von „Höhere Mathematik I+II“ und „Lineare Algebra und analytische Geometrie I+II“ anstelle von „Lineare Algebra I+II“ gehört. Das sind die Mathematiker-Kurse.
Wie ihr nun erkannt haben werdet, bleiben \(180 - 124 - 6 = 50\) übrig. Da ich die Mathematiker-Kurse gemacht habe (die jeweils 9 ECTS anstelle von 5 und 4 geben), bei mir sogar nur 41 ECTS. Davon muss man zwei Stammmodule für jeweils 6 ECTS machen. Dann sind es nur noch \(50-2 \cdot 6 = 38\) ECTS.
Die Praxis der Softwareentwicklung (PSE) ist übrigens eine tolle Sache am KIT-Informatik-Studium. Dort sucht man sich aus einer vorgegebenen Auswahl an Projekten eines aus. Dieses bearbeitet man in einer Gruppe von 5 Studenten für ein halbes Jahr. Ich habe an einem Projekt des Frauenhofer Instituts gearbeitet, das sich UpToDatE (Upload automation and data entry) nannte. Mal schauen, vielleicht schreibe ich mal etwas darüber.
Stammmodule
- Computergraphik
- Echtzeitsysteme
- Formale Systeme
- Kognitive Systeme
- Rechnerstrukturen
- Sicherheit
- Softwaretechnik II
- Telematik
Proseminare
Die Informatik-Proseminare sind leider sehr schlecht organisiert. Ich habe auf GitHub ein öffentliches Repository, wo ihr hoffentlich aktuelle Informationen über Info-Proseminare finden (bzw. auch eintragen) könnt.
Softstkills
Von den 6 ECTS für Softskills sind ja schon 2 verpflichtend in Teamarbeit für die Softwareentwicklung (TSE - gehört zu PSE). Das ist nur ein Kniff mit dem Modulhandbuch, weil man wohl kein Stammmodul mit 8 ECTS machen konnte / wollte, also hat man PSE mit 6 ECTS und 2 ECTS für TSE. Praktisch bedeutet PSE auch so viel Arbeit, dass 8 ECTS angebracht sind (eher sogar mehr) und man muss im Team arbeiten. Man bekommt die Punkte also nicht geschenkt, aber man muss auch nichts außerhalb von PSE dafür machen.
Von den 4 übrigen Punkten kann man sich aus vielen interessanten Kursen des HOC etwas aussuchen, z.B. Kurse des Sprachenzentrums. Diese sind deutlich besser als die Sprachkurse in der Schule. Ich habe mich für English C1: Advanced entschieden. Da ich aber auch ein Tutorium gehalten habe (was 4 ECTS und 8,67 Euro/Stunde gibt), hätte ich das nicht machen müssen. Der Kurs war aber so toll, dass ich es nicht bereue.
Weitere Kurse
Ich habe folgendes belegt:
Web-Engineering | 4 |
Algorithmen für planare Graphen | 5 |
SEHR viele weitere Kurse sind im Modulhandbuch zu finden.
Hier ist übrigens mal ein Abhängigkeitsgraph zum KIT-Bachelor-Informatik:
Es ist am KIT als Informatiker übrigens sehr leicht eine HiWi-Stelle zu finden.
Ergänzungsfächer
Man kann am KIT aus einer Fülle von Nebenfächern Ergänzungsfächern wählen:
- Elektro- und Informtionstechnik
- Maschinenbau
- Mathematik
- Physik
- Grundlagen des Rechts
- Volkswirtschaftslehre
- Betriebswirtschaftslehre
- Operation Research
Auf Anfrage kann man aber wohl noch weitere machen. So studiert ein Bekannter in Richtung Medizinische Bildgebungsverfahren einiges.
Mathematik
Proseminar | 3 | Mein Vortrag zum Proseminar Diskrete Mathematik |
Einführung in die Algebra und Zahlentheorie | 9 | |
Topologie und Geometrie | 9 |
Man kann noch Analysis III und Funktionalanalysis / Hilberträume machen und vermutlich geht noch viel mehr, wenn man nachfragt.
Sonstiges
Das KIT hat eine 24h-Bibliothek (ja, die ist wirklich 24h offen, auch Sonntags. Meines Wissens macht die nur an Weihnachten zu), die ATIS (tolle Lernräume, viele Computer, Drucker, ein Scanner), ein Rechenzentrum.
Der Campus ist zusammenhängend. Das, was als „Campus Nord“ bezeichnet wird ist ein Forschungsbereich. Dort werden keine Vorlesungen gehalten. Für Bachelor-Studenten ist der Campus Nord also irrelevant, außer ihr wollt da einen Job.
Tipps zum Studium
- Ganz unbescheiden: Mein Blog ist toll ☺ Nein, im ernst, wenn du etwas vom Mathe-Stoff nicht verstehst, kann ich dir nur empfehlen mal rein zu schauen und vielleicht die Tags „linear algebra“ oder „analysis“ zu durchstöbern. Ich blogge zu relativ vielen Themen, mal auf Deutsch und manchmal auf Englisch, die meistens für einen KIT-Informatik-Studenten von Interesse sind. Eventuell ist auch meine kleine Linkliste interessant.
- Mathe ist interessant, aber wohl nicht jedermanns Sache. Ich denke ein guter Informatiker sollte auch gute Mathe-Kenntnisse haben. Noch kann ich nicht beurteilen, ob sich für mich das Besuchen der Mathe-Kurse (+Klausuren) gelohnt hat. Es war auf jeden Fall deutlich schwerer. Aber ich bin davon überzeugt, dass es sich lohnen wird.
- Bleib am Ball: Gerade in Mathe - egal ob Analysis oder HM - muss man immer versuchen am Ball zu bleiben. Vorbereitung (das Kapitel im Skript lesen) und Nachbereitung (am Abend kurz aufschreiben: Was wurde gemacht? Und dann kontrollieren: Kann ich das auch?) lohnen sich. Bzw., ich habe das im 2. Semester nicht gemacht und es hat sich bei der Klausurvorbereitung gerächt.
- Die ersten Vorlesungen sind besonders wichtig. In fast allen gibt es ein gutes Skript, das auch online ist. Fast überall wird genau das Skript gemacht, nicht mehr und nicht weniger. Aber manchmal werden Dinge im Skript eher betont oder vielleicht etwas genauer erklärt/ein Beispiel mehr gemacht. Also: Skript direkt am Anfang ausdrucken und immer mitnehmen.
- Drucken: Bis auf die Skripte würde ich alles in der ATIS (und nicht im SCC) drucken. Du solltest nach der O-Phase beide Accounts haben.
- Übungsblätter: Es lohnt sich, die Übungsblätter ordentlich zu machen. Sie sind, neben Altklausuren, die beste Klausurvorbereitung. Also: Mache deine Lösungen kleinschrittig, eventuell mit Erklärungen die du in einem Semester nutzen kannst, schreibe sie sauber auf und mach alle. Egal wie schwer sie sind oder wie wenig Zeit du hast. Das wird - im 2. Semester - anstrengend, aber es lohnt sich. Also nicht nur auf die Punkte schauen, die du für den Übungsschein brauchst, sondern auch an die bevorstehende Klausur denken.
FAQ
- Frage: Ich kann nich programmieren. Ist das schlimm? Antwort: Nein! Am KIT lernt man alles von Grund auf. In „Programmieren“ lernt man Java, in „Betriebssysteme“ grundlegendes C, in „PSE“ - je nach dem was man macht - C++, Java, C#, in „SWT I“ grundlagen über paralleles Programmieren mit Java.
- Frage: Wie Praxisnah ist das Studium? Antwort: Kommt darauf an, was man später machen will und was man als Vergleich nimmt. Vermutlich sind die Fachhochschulen näher an der Praxis, wenn man auf reines Programmieren hinaus will. Aber wenn ihr einfach nur im Beruf programmieren wollt, müsst ihr nicht studieren. Vielleicht macht dann eine Ausbildung mehr Sinn.
- Frage: Was lernt man in der Informatik, wenn nicht Programmieren? Antwort: Vieles. Algorithmen und Datenstrukturen, wie genau ein Rechner von einzelnen Transistoren, über Schaltungen, Schaltwerke, Maschinencode und Assembler funktioniert, was theoretische Berechnungsmodelle sind, was überhaupt berechenbar ist, wie Computer lernen können, wie man mit Ungenauigkeit in Berechnungen umgeht, wie man Programme/Probleme sinnvoll strukturiert, was Sicherheit in der Informatik ist und wie man verschiedene Sicherheitsbegriffe zeigen kann...
- Frage: Was ist charakteristisch für die Informatik am KIT? Antwort: Das KIT hat eine große Informatik-Fakultät. Wenn man hier Informatik zu studieren beginnt, kann man sich in alle (oder zumindest viele) Richtungen weiterentwickeln. Außerdem ist das Informatik-Studium am KIT sehr Mathematik-lastig.
- Frage: Ich würde gerne XYZ lernen, aber das steht nicht im Modulhandbuch. Kann ich das trotzdem am KIT lernen? Antwort: Es gibt einen E-Mail-Verteiler für Studenten. Dort kann man einfach mal fragen, ob andere auch interesse daran haben. Außerdem gibt es Hochschulgruppen. Bei über 3000 Studenten wird sich schon jemand finden, der auch XYZ machen will / es kann.
Karlsruhe
Am KIT werden immer wieder interessante Vorträge gehalten, z.B.
- Google Tech Talk: JavaScript and V8 - A functional-ish language and implementation in the mainstream
- TalKIT
- Weitere
Es gibt den Science Slam Karlsruhe, Physik am Samstag und sehr viele weitere Veranstaltungen.
Falls man mehr über Karlsruhe wissen will: Auch dazu gibt es einen Wikipedia-Artikel.
Wohnungen
Tja, eine Wohnung zu finden ist in Karlsruhe schwer. Mit der Wohnungssuche sollte man sehr früh beginnen. Es gibt zwar einige Wohnheime, aber auch die sind voll. Und die Qualität der Wohnheime ist sehr unterschiedlich. Ich habe gehört, dass das HaDiKo und die Insterburg nicht so toll sind, aber das an der Waldhornstraße soll sehr gut sein. Es gibt neben den Wohnheimen in dieser Liste noch mindestens eine weiteres (das evangelische Studentinnen-Wohnheim in Rüpurr).
Die zentralen Wohnungen sind meistens Altbauwohnungen. Ich habe meine über studenten-wg.de gefunden.
Allgemein gilt jedoch: Umso früher man sucht, umso besser.
Für einen Eindruck von Karlsruhe kann man sich meine Photo-Spheres anschauen.